In der Ruhe liegt die Kraft: Wie Ruhepausen, Auszeiten und Urlaube zur Stärkung unserer Resilienz beitragen

Nichts bringt uns auf unserem Weg besser voran als eine Pause.

Elizabeth Barrett Browning

Stellen Sie sich Ihren Alltag vor wie einen ständig beanspruchten Akku. Die Aufgaben stapeln sich, Termine drängen, und es scheint, als gäbe es nicht einmal mehr Zeit für Atempausen. Doch genau hier liegt die Krux: Ohne regelmäßige Erholungsphasen droht Ihr metaphorischer Akku sich zu entleeren. Ruhepausen, Auszeiten und Urlaube sind nicht bloß willkommene Unterbrechungen, sondern essenzielle Komponenten zur Stärkung unserer Resilienz.

Der bevorstehende Sommerurlaub bietet die perfekte Gelegenheit, diesem Teufelskreis zu entkommen. Viele Menschen freuen sich auf eine wohlverdiente Auszeit, doch Urlaub ist mehr als nur eine Pause vom Arbeitsalltag – er spielt eine entscheidende Rolle für unsere psychische und physische Gesundheit. Insbesondere im Kontext der Resilienz.

Was ist Resilienz?

Die American Psychological Association (APA) definiert Resilienz als Prozess und Ergebnis der erfolgreichen Anpassung an schwierige oder herausfordernde Lebenserfahrungen. Insbesondere durch geistige, emotionale und Verhaltens-Flexibilität, sowie Anpassung an externe und interne Anforderungen. [1]

Resilienz kann also als Widerstandsfähigkeit verstanden werden. Sie beschreibt die Fähigkeit, Herausforderungen und Stress standzuhalten und sich davon zu erholen. Sie bildet die gespeicherte Energie Ihres „Alltags-Akkus“.

Besonders beansprucht wird die Resilienz in Phasen von chronischem Stress. Chronischer Stress entsteht im Alltag, wenn eine Person über einen längeren Zeitraum hinweg mit belastenden oder herausfordernden Situationen konfrontiert ist und keine ausreichenden Erholungspausen oder Bewältigungsstrategien findet, um mit diesen Herausforderungen umzugehen. Die moderne Arbeitswelt ist geprägt von solchen beanspruchenden Situationen. Ständige Veränderungen und oftmals hohe Anforderungen. Ohne regelmäßige Erholungsphasen kann dies schnell zur Erschöpfung des eigenen Akkus führen.

Der schmale Grat zwischen gesundem und schädlichem Stress

Stress ist ein lebenswichtiger Prozess, der unsere Leistungsfähigkeit steigern kann. Doch zu viel Stress kann auch krank machen. Viele der kleinen täglichen Ärgernisse, die zu Stresssituationen führen, lassen sich bewältigen oder vermeiden, wenn Sie sie als „Stressoren“ erkennen, also als jene Faktoren, die den Stress schlussendlich erst auslösen.

Nahezu jeder von Ihnen kennt vermutlich Situationen, in denen Sie sich beruflich oder privat überfordert, gereizt, hektisch oder nervös fühlen. Sie ärgern sich, werden wütend oder fühlen sich ohnmächtig, niedergeschlagen oder, als stünden Sie förmlich unter Strom. Leider gehören solche und ähnliche Gefühle für viele von Ihnen vermutlich zur Normalität, denn das natürliche Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung, Aktivität und Ruhe, Stress und Erholung ist heute oft gestört. Obwohl Stress zum Leben gehört und unsere Leistungsfähigkeit steigern kann, führt zu viel Stress zu gesundheitlichen Problemen.

Chronischer Stress kann zahlreiche Erkrankungen verursachen oder verschlimmern. Zudem neigen Menschen oft dazu, sich unter Druck oder Stress ungesünder als ohne diese Belastungen zu verhalten: Sie rauchen mehr, ernähren sich schlechter und trinken mehr Alkohol. Außerdem steigt das Unfallrisiko, die Leistungsfähigkeit sinkt, Fehler häufen sich, und Sie fühlen sich unwohl.

Der leistungsorientierte Alltag fordert nahezu unsere gesamte Energie. Daher ist es wichtig, mit der eigenen Energie effizient zu haushalten und Überforderungen zu vermeiden. Doch um das möglich zu machen, ist es wichtig, zu lernen, wie man Stress erkennen kann. [2]

Stress erkennen - Erholung nicht auf die leichte Schulter nehmen!

Das moderne Leben ist oft von einem hohen Maß an Stress geprägt, sei es durch berufliche Anforderungen, familiäre Verpflichtungen oder soziale Erwartungen. Deshalb wird es zunehmend wichtiger, Stress frühzeitig zu erkennen und Erholung nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Anzeichen von Stress frühzeitig erkennen

Die ersten Schritte zur effektiven Stressbewältigung bestehen darin, die Anzeichen von Stress zu erkennen. Diese können vielfältig sein und sowohl physische als auch psychische Symptome umfassen. Zu den häufigsten Anzeichen zählen:

- Körperliche Symptome: Kopfschmerzen, Muskelverspannungen, Magenprobleme und Schlafstörungen, etc.

- Emotionale Symptome: Reizbarkeit, Angst, Überforderung und Stimmungsschwankungen, etc.

- Verhaltensänderungen: Rückzug von sozialen Aktivitäten, ungesunde Essgewohnheiten, erhöhter Alkohol- oder Nikotinkonsum.

All diese und noch weitere Symptome können als Ergebnis mit Stress auftreten. Es ist dabei wichtig zu erwähnen, dass für diese oder ähnliche Symptome nicht nur Stress ursächlich sein kann. Diese Auflistung dient nur als Hilfestellung, keinesfalls aber als medizinisch vollständiger Leitfaden.

Symptome verschiedener Krankheiten sind so individuell wie das Individuum selbst und sollten daher immer kritisch betrachtet werden, niemals aber ignoriert werden.

Die Wichtigkeit gezielter Erholungsphasen

Nachdem Sie Stress oder sogar ganz gezielt Stressoren in ihrem Leben erkannt haben, besteht der nächste Schritt in der aktiven Stressbewältigung. Die Bewältigung von Stress und die Minimierung von Stressoren kann in verschiedenen Situationen sehr unterschiedlich geschehen. Ein entscheidendes Element, das sich in nahezu allen Bewältigungsstrategien findet, ist die „Erholung“. Regelmäßige Pausen und Auszeiten sind notwendig, um den Körper und den Geist zu regenerieren und die Resilienz zu stärken. Ohne ausreichende Erholungsphasen kann sich Stress akkumulieren und zu extremer Erschöpfung und möglicherweise zu einem Burnout führen.

Langfristige Auswirkungen von mangelnder Erholung

Wer die regelmäßige Erholung „auf die leichte Schulter nimmt“, oder gar ganz außer Acht lässt, riskiert langfristige gesundheitliche Probleme. Chronischer Stress kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen, Angststörungen und einer Schwächung des Immunsystems führen. Um dies zu verhindern, ist es entscheidend, Erholung als integralen Bestandteil des Lebens zu betrachten und sich regelmäßig Zeit für sich selbst zu nehmen.

Insgesamt ist das Erkennen von Stress und die bewusste Gestaltung von Erholungsphasen entscheidend für ein gesundes und ausgeglichenes Leben. Nehmen Sie die Anzeichen von Stress ernst und investieren Sie Zeit in Ihre Erholung. Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden werden es Ihnen danken.

Was ist Erholung? - Rückkehr zum Ausgangszustand

Erholung bedeutet im Wesentlichen die Wiederherstellung des Zustandes vor einer Belastung, insbesondere durch den Abbau von Ermüdung und Leistungsabfall. Wie beim Schlaf kann Erholung jedoch nicht gespeichert oder angesammelt werden, was bedeutet, dass trotz ausreichender Erholung immer wieder neue Erholungsphasen notwendig sind. Ein einzelner langer Urlaub kann daher den gesamten Erholungsbedarf des Jahres nicht abdecken; regelmäßige Erholungsphasen sind unerlässlich. [3]

spa-4962688_1280

Dauer der Erholung

Der Erholungsprozess verläuft nicht gleichmäßig, sondern exponentiell: Der größte Teil der Erholung verläuft zu Beginn der Erholungsphase. Daher sind mehrere kurze Erholungsphasen wesentlich effektiver als ein ausgedehnter Urlaub. Der benötigte Erholungszeitraum hängt auch von der Intensität der vorhergehenden Belastung ab. Die Dauer der Erholung ist dadurch genau so individuell zu betrachten, wie die vorhergehende Belastung. Versuchen Sie für sich selbst herauszufinden, nach welchen Situationen Sie wie viel Erholung Sie benötigen. Achten Sie außerdem darauf, welche Art der Erholung am besten für Sie und Ihre persönlichen, situationsbedingten Situationen geeignet ist. [3]

Psychologische Aspekte der Erholung

Um effektiv zu erholen, ist es wichtig, sich mental von der Arbeit zu distanzieren. Ständiges Grübeln hindert die Erholung und kann Stressreaktionen auslösen. Ablenkung durch andere Aktivitäten, die entsprechend Aufmerksamkeit erfordern, kann dabei hilfreich sein. Zudem beinhaltet Erholung Entspannung, was bedeutet, frei von Gefahren und Verpflichtungen zu sein. Körperliche Aktivität, ohne Leistungsdruck und Erfolgszwang, kann ebenfalls zur Entspannung beitragen. Erholungsfördernde Aktivitäten erfüllen grundlegende psychische Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit, was zu einem Gefühl von Vitalität führt. Abwechslung in den Aktivitäten kann ebenfalls zur Erholung beitragen, indem sie die verschiedene Hirnareale aktiviert und dadurch eine Balance auf kognitiver Ebene entsteht. [3]

Wie kann ich meine Energiereserven wieder auffüllen und meine Resilienz stärken?

Gezielte Auszeiten zugunsten der Resilienz sind nicht zwangsläufig auf teure oder extravagante Urlaube angewiesen. Im folgenden Abschnitt werden verschiedene Möglichkeiten vorgestellt, die zur Erholung beitragen und helfen können, Ihre Resilienz wieder aufzuladen.

Pausen individuell gestalten.

Ob aus finanziellen Gründen oder aus persönlichen Vorlieben – die Wahl der Auszeit ist für jeden individuell. Doch unabhängig von den Gründen sollten alle Arten der Auszeit eines gemeinsam haben: den Erholungsfaktor.

Für diejenigen, die nicht gerne verreisen oder aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen nicht reisen können, bietet sich die Möglichkeit, zu Hause eine kleine Oase der Erholung zu schaffen. Wer sich für eine Auszeit zu Hause entscheidet, sollte jedoch einige Vorbereitungen treffen.

Zunächst ist es hilfreich, ein sauberes und organisiertes Umfeld zu schaffen, indem man vor der Auszeit aufräumt. Nehmen Sie sich idealerweise ein bis zwei Tage Zeit, um Ihr Zuhause für die geplante Erholungsphase vorzubereiten. Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Entfernen aller Arbeitsmaterialien und -geräte aus Ihrem Sichtfeld.

Planen Sie auch Ihre Auszeit sorgfältig im Voraus. Möchten Sie in der Umgebung wandern oder schwimmen gehen? Welche Gerichte möchten Sie kochen oder in Restaurants genießen, und was müssen Sie dafür vorbereiten? Stellen Sie sicher, dass Sie Aktivitäten planen, die Ihnen Freude bereiten, und gönnen Sie sich etwas, das Ihrem Budget entspricht.

Camping ist eine weitere Möglichkeit für eine relativ kostengünstige Auszeit, die besonders für Naturliebhaber geeignet ist. Mit einem Wohnmobil oder Zelt stehen Ihnen viele Campingplätze zur Verfügung, sei es in den Bergen, an Seen oder sogar am Meer.

Natürlich gibt es auch die Option, bei einem größeren Budget und der Möglichkeit einer uneingeschränkten Reise, Hotelaufenthalte zu wählen. Diese bieten eine luxuriösere Form der Auszeit, bei der Sie sich um nichts kümmern müssen, außer um das eigene Wohlbefinden.

Balance und Achtsamkeit im Alltag integrieren

Neben gezielten Auszeiten spielen auch alltägliche Gewohnheiten eine zentrale Rolle dabei, die Energiereserven wieder aufzufüllen und die Resilienz zu stärken. Ein wesentlicher Aspekt ist die Integration von Achtsamkeit und Selbstfürsorge in den täglichen Ablauf. Dies kann durch einfache Praktiken wie das bewusste Atmen, kurze geregelte Pausen oder das Führen eines Gefühlstagebuchs erreicht werden. Achtsamkeit hilft, den Moment zu genießen und Stress abzubauen. Schon fünf bis zehn Minuten am Tag können einen spürbaren Unterschied machen.

Miniurlaube

Eine geeignete Übung zur Integration von Achtsamkeit und Erholung sind die sogenannten „Miniurlaube“. Die Übung besteht darin bestimmte Aktivitäten oder Handlungen zu identifizieren, die bei Ihnen positive Gefühle entstehen lassen. Dabei handelt es sich um einfache, alltägliche Ereignisse, wie zum Beispiel einen kleinen Spaziergang zu machen, Ihre Lieblingsserie zu schauen, oder sogar noch kleinere Handlungen, wie den ersten Schluck des Kaffees am Morgen zu genießen oder eine Kerze mit einem Duft, der Ihnen gefällt anzuzünden. Entscheidend ist, dass Sie sich vollkommen auf die Übung einlassen, um die besten Effekte zu erzielen. Sie trainieren damit nicht nur Ihre Achtsamkeit, sondern steigern auch Ihr Wohlbefinden.

Um die Übung täglich durchführen zu können, wäre es sinnvoll mindestens 30 Aktivitäten oder achtsame Momente zu notieren, dabei können sich verschiedene Aktivitäten ähneln und auch je nach verfügbarer Zeit unterschiedlich lange dauern bzw. unterschiedlich aufwendig sein. Aus den Aktivitäten können Sie entweder eine Liste erstellen und die darauf enthaltenen Miniurlaube fix in ihren Kalender eintragen und planen, oder aber Sie schreiben die Aktivitäten auf kleine Zettelchen, die Sie jeden Tag aus einer kleinen Box oder aus einem Glas ziehen können, um neben der Vorfreude auch noch einen kleinen Überraschungseffekt zu haben.

Ganz gleich welche Art der Miniurlaube Sie für sich wählen, versuchen Sie immer im Sinne der Achtsamkeit die Aktivitäten zu genießen! Verharren Sie ein wenig im Moment des Wohlbefindens und nehmen Sie die positiven Gefühle aktiv auf. Freuen Sie sich auf Ihren täglichen Miniurlaub und denken Sie am Ende des Tages noch einmal daran um das Maximum an Freude und Zufriedenheit daraus schöpfen zu können!

In diesem Zusammenhang können Sie auch Ihren persönlichen Hobbys nachgehen und dieser vollen Achtsamkeit genießen.

pexels-pixabay-460257

Körperliche Bewegung ist für viele Menschen Hobby und Ausgleich. Außerdem ist sie auch ein wichtiger Bestandteil der Resilienz. Regelmäßige Spaziergänge, Yoga oder ein anderes leichtes Training können helfen, den Kopf freizubekommen und den Körper zu stärken. Dabei ist es wichtig, eine Aktivität zu finden, die Ihnen Spaß macht und sich gut in Ihren individuellen Alltag integrieren lässt. Die Bewegung muss dabei auch nicht jeden Tag stattfinden, es wäre allerdings sinnvoll, sie in regelmäßigen Abständen bewusst einzuplanen.

Ernährung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung versorgt den Körper mit der notwendigen Energie und unterstützt das allgemeine Wohlbefinden. Außerdem ist ein gesunder Schlafrhythmus essenziell. Ausreichend Schlaf fördert nicht nur die körperliche Erholung, sondern auch die geistige Klarheit und emotionale Stabilität. Achten Sie darauf, eine regelmäßige Schlafenszeit einzuhalten und eine entspannende Schlafumgebung zu schaffen, um die Qualität des Schlafs zu verbessern.

Durch die Kombination dieser alltäglichen Gewohnheiten mit gezielten Auszeiten können Sie Ihre Energiereserven effektiv immer wieder auffüllen und Ihre Resilienz nachhaltig stärken. So sind Sie besser gerüstet, den Herausforderungen des Alltags mit innerer Stärke und Gelassenheit zu begegnen.

Schlussendlich findet sich wohl die Wahrheit im Sprichwort „In der Ruhe liegt die Kraft“.

Versuchen Sie, gezielt Ruhe in ihrem Alltag zu finden und als wichtigen Bestandteil wahrzunehmen. Denn nur wenn Sie Ihren Akku auch wieder aufladen, können Sie weiter aus dem Vollen schöpfen und Ihre Zufriedenheit steigern!

Quellen

[1] American Psychological Association: Resilience

[2] Wagner-Link (2013): Stress Wie Sie Stressoren erkennen und Belastungen besser bewältigen können

[3] Gerhard Blasche (2019): Erholung als Maßnahme der Prävention arbeitsbedingter Ermüdung


Lisa Steinlechner

Lisa studiert Psychologie im Bachelor an der UMIT Tirol. Ihr Interesse liegt in der Therapieforschung. Sie hat viel Freude daran historische Therapieformen und Behandlungsmethoden zu analysieren und träumt davon selbst einen aktiven Teil in der Entwicklung und Erforschung neuer Methoden zu werden, um neue Möglichkeiten zu finden Menschen mit ihren individuellen Problemen helfen zu können.